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Final destination Kiel…

Was wäre ein besserer Moment zum Verfassen dieser Zeilen als eine kühle Oktobernacht im Hafen von Strande? Entspannte Musik, ein kühles Bier in der Hand und neben mir der Heizlüfter, der die Temperatur in Jane`s Kajüte um ein paar Grad über die draussen vorherrschenden herbstlichen 6 Grad zu heben vermag. Für die Nacht liegen zwei in der Arktis erprobte Schlafsäcke bereit – so schlimm kann es also nicht werden… Ganz im Gegenteil – es ist immer wieder ein besonderer Moment an Bord zu kommen und nach der langen Reise im Sommer fühle ich mich hier irgendwie noch immer richtig zu Hause. Nur die analoge Borduhr scheint noch nicht im Herbst angekommen zu sein – sie beharrt noch hartnäckig auf der Sommerzeit. Also genau richtig um in sommerlichen Erinnerungen an Bord von Jane zu schwelgen bevor sie morgen in die schützenden Hallen der Werft bewegt wird.

Doch erstmal gut 2 Monate zurück – nach einer entspannten Segelwoche in der dänischen Südsee, bin ich am 26.08. in Marstal zur letzten Etappe Richtung Kiel aufgebrochen. An diesem Tag war wieder einmal alles dabei – morgens Frühstück bei Gewitter und Regen  – ab 13 Uhr dann Wetterbesserung so dass eine ganze Armada von Yachten Richtung Deutschland ausgelaufen ist.

Beim Ablegen noch ein prüfender Blick auf den behelfsmässig festgezurrten Burgkorb und erneutes Kopfschütteln über mein Malheur 2 Tage zuvor. Ich war von Ærøskøbing Richtung Marstal aufgebrochen – nach wie vor sehr starker und böiger Südost-Wind. Exakt die selbe Strecke bin ich eine Woche vorher gesegelt – Navigation also zu 100% klar und beste Sicht. Die Fahrwassertonne habe ich klar und deutlich gesehen – auch wie sie mir immer näher kam. Irgendwann der Moment in dem ich realisiert habe, dass Jane direkt darauf zusteuert. In der Erinnerung läuft das alles in Zeitlupe ab – der Moment in dem mir klar wurde, dass nur noch ein letztes Ausweichmanöver helfen könnte – notfalls direkt in die Sandbank neben der Tonne – doch auch das will nicht klappen. Das Boot reagiert nicht wie gewohnt. Zum Starten des Motors ist es zu spät. Da bleibt nur noch sehenden Auges den schmerzhaften Moment abzuwarten. Tonne trifft Bugkorb – dieser wird deutlich verbogen und mit seinen Schrauben aus der Verankerung gerissen. Die Tonne zieht wie ein kleines Wunder am Boot vorbei ohne weitere Dinge zu beschädigen – vermutlich hat der Versatz durch den „Einschlag“ am Bugkorb ausgereicht genug Abstand zu schaffen. Danach die wichtigsten Dinge prüfen – keine offensichtlichen Schäden – trotzdem erstmal nur weiter bis zum nächsten Hafen Marstal – zum zweiten Mal innerhalb einer Woche…Ein nasser Kreuzkurs durch das enge Fahrwasser zwischen den dänischen Inseln – man muss hier sehr genau aufpassen, dass man nicht in irgendeinem Tief landet, denn die betonnte Rinne ist nur einige 100 Meter breit und meist nur einseitig bzw. mittig betonnt. Die Entscheidung Marstal nochmals anzulaufen war auch vom Wetter her eine gute, denn kurz nach dem Anlegen schüttet es auch schon wieder wie aus Kübeln. Das Tonnen-Ramm-Manöver kann in meiner späteren Analyse nur einer starken Strömung zugerechnet werden, denn nur so lässt sich erklären, weshalb trotz guter Fahrt im Boot keinerlei Ruderwirkung beim Ausweichen vorhanden war.

Nun heute sollte es also möglichst direkt bis Kiel gehen, da das Wetterfenster ohne Regen und Gewitter nur für knapp 1 Tag angekündigt war und ich keine Lust darauf hatte noch weitere Tage in irgendeinem Ostsee-Hafen zu sitzen oder bei Starkregen die Reise zu beenden. Außerdem kam es mir ganz recht, dass noch ein paar Tage Zeitbudget offen waren – ich musste schliesslich noch nach Holland mein Auto holen, das Boot ausladen und hier in Kiel alles soweit klären, dass mein Boot bis zum Herbst und über den Winter hier bleiben kann, bevor ich Richtung Heimat aufbrechen konnte.

Der Wind war mal wieder nicht auf meiner Seite – er hatte ziemlich abgeflaut – also Genua statt Fock aufziehen – außerdem kam er noch deutlich weiter aus Süd-West als angekündigt und zwang mich somit eher auf die deutsche Ostküste Richtung Schlei als auf Kiel zuzuhalten, so dass ich verschiedene andere Häfen in Betracht zog als Tagesziel und auf ostdrehenden Wind hoffte.

Irgendwann gegen Abend dann kam die Winddrehung Richtung Ost und Kiel lag wieder in akzeptabler Reichweite, auch wenn klar war, dass es eine Fahrt in die Nacht werden würde. Aber egal – ich wollte einfach ankommen und war bereit nochmal alles zu geben. Auf dem Regenradar konnte ich sehen, dass die angekündigte Gewitterfront noch ausreichend entfernt war und vermutlich erst gegen 4 Uhr morgens Kiel erreichen würde. Der Wind legte stetig zu – also wieder aufs Vorschiff krabbeln und Genua gegen Fock tauschen – kurze Zeit später erneute Mast-Akrobatik zum Reffen des Grossegels. Dafür entlohnte eine beeindruckende Segelkulisse – sportliches Segeln hart am Wind mit Kiel Leuchtturm voraus – zahlreiche Großschiffahrt auf dem Weg von und nach Kiel und viele weitere Leuchtfeuer überall um mich herum. Den Weg in die Kieler Bucht weist ein lehrbuchmässiges Sektoren-Leuchtfeuer – schon beeindruckend wenn man an den unsichtbaren Küsten nur durch Lichtsignale geleitet  vorbeisegelt.

Bei Einbruch der Dunkelheit noch ein kurzer Schock – das Backboard-Navi-Licht leuchtet nicht mehr und auch das Hecklicht will erst nicht. Also Pinne festzurren auf Amwind-Kurs, mit Schraubenzieher bewaffnet unter Deck und ich zerlege erstmal den elektrischen Verteilerkasten, prüfe die Verkabelung und reinige Kontakte – das Hecklicht geht daraufhin wieder – das BB-Navi-LED bleibt dunkel. Alles halb so wild – ich improvisiere mit meiner LED-Taschenlampe, die auch in Rot leuchten kann.

Gegen 3:30 Uhr ist es dann so weit – ich berge die Segel vor der Hafeneinfahrt Strande, starte den Motor und drehe entspannt und mit der Gewissheit angekommen zu sein ein paar Runden im Hafen bis ich einen freien Liegeplatz finde.

Die Reise ist hier erstmal zu Ende – Jane und ich sind ohne grössere Schäden und Probleme in Kiel eingetroffen! Den Moment lasse ich bei einem nächtlichen Spaziergang durch den Hafen, den nahen Strand und die Werft auf mich wirken.

So schliesst sich der Kreis, denn ich war im Februar schon einmal hier in Strande zu einem Holzboot-Workshop – exakt dort, wo Jane nun ihre temporäre Heimat gefunden hat.

In den kommenden Tagen dann Aufbruch per Bahn nach Holland – mit dem Auto zurück, alle wichtigen Dinge ausladen und es geht Richtung Heimat!

Insel-Hopping im Kleinen Belt

Samstag Morgen – erstes Erwachen und die Nachricht, dass mein Besuch noch ein wenig braucht – ich kann also entspannt ausschlafen und duschen. Das Auto kann ganz unbürokratisch auf dem privaten Parkplatz des Segelclubs abgestellt werden und nach einem umfangreichen Einkauf, Kaffee und Frühstück laufen wir zu ersten Etappe in den kleinen Belt aus.

Ein paar schöne Segeltage erwarten uns mit Zwischenstopps in Tinø, Endelave, Bogense und Skrib auf Fyn sowie der Insel Arø. Abwechselnd schöner Segelwind, mal Flaute, die wir geduldig aussitzen – mal bewölkte Stimmung aber wir sind im Urlaubsmodus und so gehen wir die Tagesetappen sehr entspannt an. und werden immer wieder mit sonnigem Sommerwetter für unsere Geduld belohnt.

Die Abende auf den kleinen Inseln sind perfekt – schöne Sonnenuntergänge, idyllische Grillplätze – schönstes Ostseeflair. Wir gehen viel spazieren und lassen die Landschaft auf uns wirken.

An unserem ersten Abend auf Tinø lernen wir die Gastfreundschaft der Dänen beim Grillen kennen. Nachdem wir am windigen Grillplatz unsere Briketts mit Hilfe einer großen Alu-Schale notdürftig in Gang gesetzt haben und alles seine Weile braucht, bietet uns ein netter Däne einfach an seinen noch heissen Grill zu nutzen – sie sind bereits fertig mit den Steaks. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen und unsere heissen Kohlen schenken wir dann einer netten jungen Seglergruppe – drei Jungs, die erstmal gar nicht nach Gourmets aussehen – die aber sehr professionell Kartoffeln, frischen Fisch und andere Leckereien in kleinen Alu-Schälchen auf dem Grill zubereiten. Das Konzept haben wir uns dann gleich abgeschaut und beim nächsten Grillabend ebenfalls sehr leckere Kartoffeln mit Rosmarin und Zwiebeln auf dem Grill gegart.

Tagsüber passiert oft nicht viel spannendes – wir lesen, essen und dösen vor uns hin. Einmal begegnen wir einem Schwimmer, der mit Boje markiert und Begleitboot unterwegs ist den kleinen Belt zu überqueren – ganz schön sportlich. Ein andermal passieren wir einen schlafenden Tanker, der genau auf unserem Weg liegt. Spannend sind immer die Strömungen im kleinen Belt, die auch hier 1-2 Knoten erreichen und teilweise an den Kurven und Küstenvorsprüngen rückläufig sind.

Bogense bringt uns etwas Regen – zum Glück schaffen wir es kurz vorher noch in den Hafen. Abends ein sehr leckeres Essen im Restaurant aus dem 15. Jahrhundert und anschliessend noch ein kleines Billard-Match, welches wir aber vorzeitig abbrechen müssen, da die Dame hinter der Bar doch schon um kurz vor 9 schliessen möchte.

Auf Årø mal wieder ein gut besuchter Privatflugplatz – wir quatschen kurz mit einem Piloten, der eben mal mit seinem kleinen Flieger von ein paar Inseln weiter hierher geflogen ist und nun zum Rückflug startet. Der Flieger ist nicht grösser wie ein Kleinwagen mit angebauten Flügeln – er steigt ein, setzt das Headset für den Funk auf, startet den Motor, gibt Gas und hebt von der Graspiste ab. Das kommt dem Traum vom Fliegen und der grenzenlosen Freiheit wohl schon ziemlich nah.

In Strib verwöhnt uns ein malerischer Sonnenuntergang beim Grillen. Frederica – ein Ort mit viel Industrieanlagen und rauchenden Schloten haben wir rechts liegen lassen. Mittlerweile haben wir unsere Grillkünste perfektioniert – mit Kartoffeln, gewürzt durch frisch geernteten Rosmarin, der an unserem Strauch unter Deck wächst und regelmässig geerntet wird.

Der letzte Segeltag Richtung Fynshav bringt dann wieder totale Flaute, seltsame Geräusche des Motors. Wir füllen Öl nach auch wenn genug drin ist und scheinbar ist eine Motor-Lagerung etwas angebrochen, so dass die Vibrationen einfach anders klingen. Ich nutze die Zeit im Internet viel über Motorprobleme und deren Ursachen zu lesen – zum Glück trifft vieles nicht zu und ich verstehe die Zusammenhänge nun immer besser.

Zum späten Nachmittag hin frischt der Wind dann deutlich auf und die Wellen nehmen zu. Ein doch noch recht flotter Ritt mit 1. Reff und hart am Wind folgt dann Richtung Fynshav, wo wir kurz vor Dunkelheit zufrieden eintreffen.

Dort verbringen wir dann den Freitag – wandern durch die umliegenden Wälder bei starken Winden. Am Nachmittag überrascht uns dann noch ein heftiges Gewitter im Supermarkt. Nicht nur wir, sondern einige andere Einkaufende warten das Ende des heftigen Regens im Eingangsbereich ab. Die Wartezeit verkürzen wir uns mit einem kühlen Bier. Leider haben wir das Cockpit-Zelt nicht aufgebaut, so dass alles komplett durchnässt wird und durch einige undichte Stellen im Boot auch die Polster im Inneren nass werden. In der Backskiste ist sogar eine Automatik-Weste ausgelöst worden, so viel Regen scheint dort seinen Weg hineingefunden zu haben.

Doch wir lassen uns nicht abschrecken – kochen am Abend lecker unter dem Cockpitzelt – Steaks mit Kartoffeln – dazu Rowein, Bier gegen den Durst.

Außerdem gibt es noch einen Grund zum Anstoßen – mit der heutigen Etappe habe ich die 1000 Seemeilen auf dieser Reise überschritten – also fast 2000km!

So klingt mit einem entspannten Abend eine sehr schöne und erlebnisreiche Woche aus. Für Björn geht es am nächsten Tag mit dem Bus und Zug zurück nach Aarhus – für mich geht die Reise erstmal alleine weiter nach Osten in die dänische Südsee…

Next stop – Aarhus

In Grenaa werden noch meine zwei Reservekanister betankt, dann geht es nach dem Frühstück weiter Richtung Ebeltoft. Am Anfang läuft noch der Motor für eine knappe Stunde mit, da nahezu totale Flaute herrscht. Dann frischt der Wind mit einem Mal deutlich auf und es geht mit rauschender Fahrt voran bis zum Ziel.

Schönstes Ostsee-Segeln bei Sonnenschein und moderatem Wellengang. In die Bucht von Ebeltoft hinein dann nochmals eine kleine Geduldsprobe – der Wind kommt von hinten und nimmt wieder ab. Aber ich teste dann mal das Ausbaumen der Genua und damit kommen wir doch ganz gut voran. Zum Schluss dann noch aufkreuzen zum Hafen hin – die meisten anderen Boote holen sofort die Segel ein und werfen den Motor an, dabei ist es so ein schöner entspannter Abend und ideal zum Segeln. Das denken auch die Optimisten-Segler in ihren kleinen Kisten, die eine Regatta vor der Küste austragen. Ein niederländischer Dreimaster wartet vor dem Hafen und irgendwann dreht er wieder ab und verschwindet – ob man ihn nicht reinlassen wollte oder vielleicht einfach kein Platz war?

Die Ankunft dann ganz entspannt in einem Hafen mit nettem Ambiente – hier fühle ich mich auf den ersten Blick wohl – alles schön entspannt. Zum Abendessen koche ich dann bei Internetradio und guter Musik dann das letzte Steak – es muss dringend weg, bevor es wieder zum Leben erwacht.

Nach einer erholsamen Nacht am nächsten Tag erstmal ein paar Telefonate – auch die Arbeit will erledigt sein. Danach gegen Mittag Aufbruch nach Aarhus – dem nächsten Ziel und Zustieg des nächsten Begleiters am Samstag Morgen.

Im Hafen hat es sich nach Flaute angefühlt aber kaum draussen schon läuft das Boot unter Segel bei gutem Wind vorwärts. Erstmal ist rauskreuzen aus der Ebeltofter Bucht angesagt – das dauert ganz schön lange und der Wind legt erstmal unter einer dunklen Front ziemlich zu, so dass ich schnell das Vorsegel wechseln muss. Nach der dunklen Wolke wieder Flaute – grosses Vorsegel wieder hoch und es geht dann entspannt weiter. Zwischendurch mal gar kein Wind – der Motor läuft für 30 Minuten mit – dann folgt noch eine sehr rasante Fahrt am letzten „Kap“ mit Leuchtturm vorbei bis Kurs Aarhus anliegt. Der Leuchtturm ist insofern sehr eindrucksvoll, da man dort bis auf wenige Meter am Strand vorbeisegeln kann – keine vorgelagerten Untiefen – und überall sitzen Menschen und schauen aufs Meer – so ist jeder Segler eine willkommene Ablenkung und Foto-Motiv.

Zwischendurch immer wieder Frachter, Fähren und ein seltsamer Meeres-Befahrer – ein doch gar nicht so grosses Motorboot, welches aber so einen Lärm macht, dass man es auf weite Entfernung schon hört und erstmal gar nicht zuordnen kann. Er fährt dann auch noch frontal auf mich zu um erst kurz vorher abzudrehen – vermutlich ist es ihm einfach langweilig und die Blondine auf dem Sonnendeck ist wohl nicht mehr aufregend genug 😉

Pünktlich zum Sonnenuntergang erreicht ich dann Aarhus – die Stadt taucht langsam aus dem Dunst auf – erst sieht man die Hafenkräne – dann langsam auch die ersten Häuser. Der Hafen ist recht lang gezogen und liegt schön zentral. Ich fahre langsam durch den Museumshafen – schöne alte Boote – dann bis ganz zum Ende durch und finde auf Platz Nummer 4 mein Zuhause für die Nacht. Hier herrscht total entspannte Stimmung – überall sitzen Menschen an der Promenade, trinken Wein und Bier und geniessen die laue Sommernacht.

Für mich gibts noch einen kurzen Gang zum Supermarkt und einen leckeren Cheeseburger vom Hafen-Grill – zwei Bier, ein paar Zeilen tippen und dann schlafen, denn morgen Früh kommt Verstärkung an Bord!

Ein Segeltag der Gegensätze…

Heute war einer dieser Tage – gespickt mit Gegensätzen von morgens bis abends – Segeln bei optimalem Wind – geduldiges Motoren in der Abendflaute mit Gegenströmung. Bikini-Wetter am Nachmittag – Pulli und zwei Jacken am Abend. Statt professionelle Hafen-Einweisung über Funk durch die Segelfreunde aus Büsum – Absuchen des stockdunklen Hafens mit der Taschenlampe nach freien Liegeplätzen. Stinkender Hafen statt karibische Idylle und zu guter Letzt noch leckeres Tüten-Fertigessen statt frischem Steak vom Grill.

Begonnen hat der Tag mit einem Frühstück in der Morgensonne in Anholt. Danach Ablegen – kleine Herausforderung, denn meine Heckleine an der Schwimmboje war durch den Enterhaken – ähm pardon – Muring-Haken des Nachbarboots eingeklemmt. Ich lag also kopfüber am Heck ins Wasser gebeugt und habe dort rumgebastelt bis alles frei war. Muring-Haken steht umgehend auf meiner Beschaffungsliste – für die dänische Ostsee auf jeden Fall empfehlenswert auch wenn man ihn nicht oft braucht.

Danach ging es mit schönem Segelwind und voller Besegelung Richtung Süden – Kurs Grenaa war nicht ganz möglich, aber da später der Wind auf Süd drehen sollte, gar keine schlechte Option. Der versprochene Winddreher hat leider sehr lange auf sich warten lassen und zwischenzeitlich sah es sogar eher nach Gewitter und Regen aus – das zog aber zum Glück alles vorbei.

Mit dem drehenden Wind kam dann zum späten Nachmittag leider auch die Flaute – eine Zeit lang ging es noch gemütlich voran, doch dann war auch noch Strömung gegenan und ich konnte mich kaum mehr vorwärts bewegen.

Die Ankunft im Dunklen war schon eingeplant – die Frage war nur wann. Bei absoluter Windstille und unter Motor lief das Boot gegen die Strömung nur knapp über 2 Knoten – das ist kaum schneller als ein Fußgänger und es waren noch über 15 Meilen zurückzulegen. Also blieb mir nichts anderes übrig als zu essen, den Sonnenuntergang zu geniessen und die Windräder zu bestaunen, die zwischen Anholt und Festland im Windpark stehen. Der Windparkt wird sogar im Werbeflyer für Anholt als „Sehenswürdigkeit“ erwähnt. Zwischenzeitlich waren auch die Wellen vom Vortag vollständig verschwunden, so dass ich während Jane unter Motor brav geradeaus lief noch ein paar Seiten in meinem Buch lesen.

Nach Sonnenuntergang wurde ich mit einem traumhaften Mondaufgang verwöhnt – außerdem gab es wie gewohnt jede Menge Leucht- und Richtfeuer zu bestaunen und zur Orientierung für die Hafenansteuerung von Grenaa. Einzige Herausforderung war ein Flach zwischen Fischerhafen und Yachthafen, welches genau auf Kurs lag und welches es daher zu umfahren galt. Trickreich war, dass nur die Untiefentonne Nord befeuert war – die südliche nicht und die hätte genau auf Kurs gelegen – da heisst es also Aufpassen. Sehr schön ist es auch, wenn man die unbeleuchtete Tonne dann beim Passieren mit der Taschenlampe anleuchtet – sie ist mit mehreren Reflektoren ausgestattet und antwortet dann mit ihrer bunten Reflexion.

Die Ansteuerung des Hafens war einfach durch zwei grosse Leuchtfeuer. Danach aber wieder völlige Dunkelheit – es ist einer dieser Häfen in denen mehr oder weniger keinerlei störendes Licht an den Stegen leuchtet. Nachts zum Schlafen ein Genuss – läuft man hier jedoch in der Dunkelheit alleine ein, wird es erstmal knifflig sich zu orientieren. Da hilft dann nur die Taschenlampe und der Hafenplan – haben sich die Architekten hier auch wieder etwas ganz besonderes einfallen lassen mit halbkreisförmiger Anordnung der Stege und zahlreichen Verwinkelungen dazwischen.

Aber am Ende des Hafens ergattere ich eine freie Box – steuere das Boot kontrolliert über die zwei auf der Winsch liegenden Heckleinen bis an den Steg und alles fest. Als ich dann festliege, sehe ich das kleine rote Schild – Box ist belegt und auch die am Steg liegenden Leinen des Box-Besitzers – Mist.

Erstmal von Bord und zwei Schritte gehen – Hafenticket am Automaten holen, denn das kostet sonst morgen Aufschlag.

Dann schaue ich mich nach anderen freien Plätzen um und finde einen sehr zentral gelegen – merke mir die Anfahrt und entscheide mich nochmals umzuparken, damit ich nicht morgen in aller Frühe von einem wenig erfreuten Dänen geweckt werde, dem ich den Bootsparkplatz geklaut habe.

Ausparken klappt stressfrei – wenden auf engstem Raum in der Dunkelheit ebenfalls – und schon parke ich in der neuen Box – dann eine frische Dusche, kleine Mahlzeit und noch die paar Zeilen hier tippen.

Fazit – ein abwechslungsreicher und anstrengender aber rundum gelungener Tag – nur den Hafen kann man vermutlich auch meiden – es hat hier einen ekligen fauligen Geruch überall – vermutlich vom dreckigen Wasser.

Anholt – Karibisches Flair in der Ostsee

Mittlerweile hat mich das offene Meer wieder – diesmal aber die Ostsee. Nach zwei weiteren Zwischenstopps im Limfjord – einmal in Nibe – und eine Nacht in Hals, sind wir am Sonntag die gut 40 Meilen nach Anholt gesegelt.

Nun bin ich seit Sonntag Abend in Anholt – der Wüsteninsel im Kattegat. Rundum von Sandstränden umgeben – leicht bergig und schön mit Wald bewachsen. Beworben mit „An island paradise in the fresh waves of the Kattegat“.

Doch erstmal zum Weg dorthin…

Nach kurzer Überfahrt von Løgstør nach Nibe sind wir dort erneut eine Nacht länger geblieben, weil es ziemlich viel Wind hatte und keiner sich zum Aufbruch entscheiden konnte. Dafür konnten wir unsere Vorräte gut füllen, in Ruhe Bilder austauschen und am Abend entspannt im Segelheim in der grossen Gemeinschaftsküche kochen und speisen.

Dann ging es weiter nach Hals – dem letzten Hafen vor der Mündung des Limfjord in die Ostsee. Morgens beim Ablegen noch ein paar Schreckmomente – im Hafenbecken überall grosse Seegrasfelder – trotz Drehen des Bootes in der Box, damit ich Vorwärts durch den Schlamassel fahren konnte, ging der Motor fast aus, weil sich das ganze Zeug um die Schraube gewickelt hat. Aber nach ein wenig Rückwärtsfahrt war der Antrieb wieder frei und es konnte weitergehen.

Die Tour durch den Limfjord nach Hals war spektakulär. Der Fjord ist hier ziemlich eng und so hat man immer einen guten Blick auf die Bebauungen am Uferrand. Es ging vorbei an Aalborg – dort war gerade Hafenfest und viele alte Segelschiffe waren dort unterwegs. Beim Durchfahren der beiden Klappbrücken gab es ein ganz schönes Gedränge – jeder wollte zuerst durch und eines der Boote wurde soweit abgedrängt, dass es einen Brückenpfeiler gerammt hat – schon ziemlich unverschämt. Dann kam auch noch ein grosses Frachtschiff auf, hat ein paar Mal gehupt und damit auf sein Vorfahrtsrecht durch die Brücke bestanden – alle kleinen Boote mussten weichen.

Vorbei an den grossen Industrieanlagen am Fjordufer haben wir es zum Abend hin aber trotzdem gut zum letzten Hafen vor der Ostsee geschafft und dort noch einmal Energie für die gut 40 Meilen Überfahrt nach Anholt getankt.

Die Überfahrt war etwas mühsam – denn leider hatte es stellenweise nur sehr wenig bis gar keinen Wind trotz gegenteiliger Vorhersage so dass der Motor mitlaufen musste – nicht gerade die schönste Segeltour also.

In Anholt dann bei der Ankunft Grillen im Sonnenuntergang. Am nächsten Tag nach dem Ausschlafen ein entspannter Hafentag bei bestem Sommerwetter. Zu Mittag durfte ich dann mit einem der Büsumer Segelkameraden sein ehemaliges Regattaboot vor Anholt probesegeln – sehr interessant und eindrucksvoll. Einmal das Boot mit rasanter Geschwindigkeit durchs Wasser ziehen zu fühlen – zum anderen die Erfahrung von über 50 Seglerjahren des Eigners mit an Bord geschmückt mit Erzählungen aus den Regattajahren der 70er und 80er Jahre.

Per Rad habe ich einmal die Insel erkundet – dort gibt es nur 2 geteerte Straßen – der Rest sind Schotterwege. Dafür aber ein kleiner Flugplatz im Niemandsland und schöne Ausblicke auf den Strand und das Meer – hier ticken die Uhren einfach noch anders.

Abends dann ein leckeres Essen in einer der Hafenkneipen – dort war der letzte Tag für diese Saison. Ja ihr lest richtig – Anfang August endet hier schon der meiste Trubel. Daher gab es alle Gerichte zum halben Preis und auch beim Bier war die Auswahl schon ziemlich eingeschränkt.

Gleichzeitig war das unser Abschiedsessen, denn die Büsumer Segeltruppe, die ich die letzten fast 14 Tage begleiten durfte, muss sich nun beeilen. Das Urlaubsende naht und wir werden ab heute mit unterschiedlicher Geschwindigkeit weitersegeln. Irgendwie schade, denn wir hatten eine sehr schöne und lustige Zeit miteinander und es hätte auch noch länger so weitergehen können – vielen Dank an alle!

Für mich gibt es erstmal noch einen weiteren Hafentag. Einmal liegt einiges an E-Mails und Arbeit an – zum anderen weht es heute ziemlich kräftig. Außerdem ist auch der Werfchef aus Kiel hier, dem ich im Winter mein Boot anvertrauen möchte und wir wollen noch ein paar Sätze quatschen und den Termin für September klar machen. So geniesse ich heute schönstes Boot-Office bei Sonnenschein und Kaffee im Cockpit und lasse den Tag erstmal Tag sein.

Zwischendurch gibt es noch Hafenkino der besten Sorte. Eines der grossen Segelboote gegenüber parkt gerade zur Stunde der stärksten Seitenwindböen aus der Box aus. Fährt nur eine knappe Schiffslänge rückwärts – Platz wäre mehr als genug – dreht dann Richtung Ausfahrt der Boxengasse und wird natürlich umgehend vom Wind gegen die dort noch parkenden Boote gedrückt – lautes Knirschen und das nachgeschleppte Schlauchboot verkeilt sich auch noch ungünstig zwischen den anderen Booten. Alle umliegenden Bootsbewohner eilen zur Hilfe – dann ist erstmal Hektik angesagt. Leinen werden ausgebracht, ein Helfer flitzt mit dem Schlauchboot durch den Hafen und der Hafenmeister ist auch gleich zur Stelle um nach dem Rechten zu sehen und etwaige Schäden zu inspizieren. Sie bringen zu mir gegenüber eine Leine aus und dann versuchen sie sich irgendwie wieder gerade zu ziehen und das Boot aus der Box zu bekommen. Aber der Skipper zieht plötzlich unangekündigt an der Leine trotz kurzem Ende bei mir und platsch sie liegt im Wasser. Ein wenig Kommunikation hätte an der Stelle nicht geschadet, aber das ist wohl nicht seine Stärke. Der Schlauchboothelfer entscheidet sich dann die Leine etwas weiter in Lee zu einem schwedischen Boot zu bringen – eigentlich gar keine schlechte Idee, verbessert es doch den Zugwinkel enorm – der skeptische Schwede bringt es dann auf den Punkt – „Does he really know how to drive this boat“? Nunja – nach weiteren 15 Minuten Pantomime-Show schaffen sie es dann aus der Box werfen die Helferleine ins Hafenbecken und dampfen mit Vollgas aus dem Hafen – wollen vermutlich nur noch weg hier…

Am Abend dann ein leckeres Abendessen mit den Resten aus dem Kühlschrank, Bier und endlich mal wieder Blog & Bildergallerie aktualisieren – langweilig wird es auf keinen Fall…

Der Wind ist nun weg – dafür zieht aktuell eine starke Regenfront über die Insel. Sofern die morgen wieder weg ist, geht es dann weiter Richtung Süden – Aarhus ist das nächste grössere Ziel. Dort steigt am Samstag Begleitung für eine weitere Woche zu – ich freue mich schon 🙂

Entspanntes Limfjord-Segeln

Nykøbing können wir nach einigem Regen dann doch noch gegen 14 Uhr verlassen. Und erwarten ungeahnt viel Welle im Limfjord, der hier seine breitestes Stelle hat und noch ganz ordentlich Wind – dank der Windrichtung müssen wir auch gegenan kreuzen und so wird die Tagesetappe mit knapp 17 Meilen doch etwas länger als geplant.

Die Fahrt und das Ziel jedoch lohnenswert – vorbei an den Steilküsten von Fur und Livø – sehr viel fürs Auge und gute Entschädigung für das nasse Geschaukel.

Gegen frühen Abend erreichen wir dann Livø – ein Hafen mit Platz für nur gut 20  Boote und wir füllen den Hafen ziemlich gut mit unserer Flotte festgemacht an Muring-Bojen und den Booten untereinander. Umgehend wird der Grill angeworfen und die neu gefüllten Vorräte aus Nykøbing bereiten uns ein festliches Mahl. Zwischenzeitlich schaut der entspannte Hafenmeister vorbei und nimmt dankbar unsere Kronen und Brötchen-Bestellungen für den nächsten Morgen an.

Den restlichen Abend verbringen wir dann noch am Lagerfeuer mit guter Musik & spannender Unterhaltung und dem einen oder anderen Gläschen Rotwein. So lässt sich der Sommer in Dänemark geniessen und zum ersten Mal seit langem kann man entspannt und lange abends wieder im Freien sitzen.

Die Nacht bringt dann nochmals einen ordentlichen Regenschauer gegen 3 Uhr morgens und ich werde zudem noch von Sturmwarnungen über Funk geweckt, da ich vergessen hatte mein Funkgerät abzuschalten – aber die betreffen nicht unsere Gegend – kein Grund zur Sorge also. Ausserdem habe ich es sehr warm an Bord, denn ich habe mir einen Heizlüfter ausgeliehen um alle nassen Polster und Klamotten mal so richtig gründlich zu trocknen.

Der Morgen dann durchwachsen – Frühstück bei Regen – anschliessend etwas Ruhe, so dass wir zu Fuss die Insel erkunden. Laut Törnführer die „Perle des Limfjord“ und landschaftlich wirklich sehr reizvoll und idyllisch. Mit gut 2×3 km auch ohne Blasen an den Füssen schnellen Schrittes zu erkunden.

Da das Wetter zum Abend noch besser wird, wollen wir noch einen kleinen Schritt weiter – knapp 8 Meilen bis Løgstør – gesagt, getan – das Ablegen wird etwas sportlich bei dem starken Seitenwind – meistern aber alle dann doch problemlos. Nach einem letzten Kaffee und kleinem Regenschauer geht es dann auch für die letzten beiden Boote inkl. mir los und nach 2 Stunden entspanntem Segeln in der Nachmittagssonne erreichen wir Løgstør. Die 8 Meilen waren selbst unter Vorsegel schnell um, da der Wind immer noch mit guten 5 Windstärken geweht hat und für schnelle Fahrt gesorgt hat.

In Løgstør werden noch ein paar Runden mit dem Schlauchboot im Hafen gedreht – danach gibts leckere Pizza im Ort und dann verabschieden sich alle zu einer frühen Nachtruhe.

Ich nutze die Zeit noch für ein Bier an der Hafenmole – direkt hinter meinem Boot hat man einen herrlichen Blick über das freie Wasser in den Sonnenuntergang und den ruhigen Fjord.

Endlich ist also der Sommer wieder da – für morgen ist Sonnenschein vorhergesagt und die Temperaturen sollen sogar bis auf knapp 30 Grad klettern die nächsten Tage – das sorgt für gute Laune im Team…

Und die Bilder können sich endlich auch mal wieder sehen lassen 😉

Wo bleibt der Sommer?

Nach drei Nächten in Jegindø endlich ein kleiner Lichtblick am Himmel. Wobei uns das Sturmtief noch recht gnädig behandelt hat – andernorts war es sicher schlimmer. Und nach einem Tag Dauerregen konnten wir auch endlich wieder ins Freie und die verregnete Stimmung geniessen ohne gleich zu duschen. Am letzten Abend hatten wir sogar etwas Sonne und konnten die schöne überdachte Grillterrasse des Segelclubs dort nutzen. Der Abend wurde dann noch sehr lang und gemütlich – wir hatten mal wieder eine super Zeit!

Am nächsten Morgen dann endlich wieder ablegen und los Richtung Nykøbing – das ist der grösste Ort auf der Insel Mors im Limfjord. Ein schöner Segeltag mit guten Winden aber immer wieder ziehen dunkle und böse aussehende Regenfronten über uns hinweg. Ohne Planung aber mit etwas Glück schaffe ich es allen bösen Wolken aus dem Weg zu gehen und kann die mysteriöse Stimmung geniessen ohne nass zu werden. Zum Ende legt der Wind nochmal richtig schön zu und ich finde es schade, schon die Segel bergen zu müssen.

Nykøbing bietet uns dann eine Fußgängerzone mit grossem Supermarkt um die Vorräte wieder zu füllen – in Jegindø gab es ja nichts zum EInkaufen – der nächste Supermarkt wäre 6 km entfernt gewesen – der Dorfladen hat schon vor einiger Zeit geschlossen und es gab nur noch leere Regale zu bestaunen. Auch hier in Dänemark scheint es viel Landflucht zu geben – viele Häuser stehen zum Verkauf und man sieht oft recht wenig Menschen in den kleinen Orten.

Eigentlich wollten wir noch weiter aber nach einigen Überlegungen entscheiden wir uns dann doch in Nykøbing zu bleiben. Die Zeit wird genutzt und wir ziehen auf zwei Booten jeweils eine Person in den Mast, weil sich dort Fallen nach oben gezogen hatten – für mich ganz spannend, denn nun habe ich das auch mal mitgemacht. Bei mir ist eine Flaggenleine im letzten Hafen bei dem Sturm gerissen – diese holen wir mit Hilfe einer im Hafen stehenden Leiter nach unten.

Am Abend dann gut Essen bei italienischem Buffet. Im Hafen spielt noch eine Trompeterin zum Einholen der Hafen-Flagge – eine schöne Zeremonie. Danach klingt der Abend auch sehr schnell aus… Früh schlafen tut gut, denn Schlaf war die letzten 2 Nächte etwas knapp.

Aber der Morgen begrüsst uns erneut mit starkem Regen und trübem Wetter. Über den Frühstücks-Funk wird erstmal beschlossen wohl eher noch zu bleiben – warten wir mal ab, was der Skipper-Ausschuss dann gegen Mittag beschliessen wird…

Ich nutze die Zeit damit noch einige Kleinigkeiten an der Webseite zu optimieren. Z.B. habe ich jetzt eine schöne interaktive Karte eingebunden, auf der meine Route verfolgt werden kann und die Logbuch-Tabelle ist auch auf den aktuellsten Stand gebracht – könnt ihr hier bewundern:

Logbuch & interaktive Reise-Karte

Und wie üblich natürlich noch ein paar Bilder der regnerischen Stimmung der letzten Tage…

Gestrandet im Limfjord

Freitag Morgen erstmal ausschlafen, entspannt frühstücken und dann nach langer Zeit mal wieder ein Cappuccino auf der sonnigen Terrasse des Hafencafés. Draußen in der Sonne trocknet all die Kleidung und die Polster, die in den letzten beiden Tagen ziemlich viel Nässe abbekommen haben.

Gegen 13 Uhr macht sich unsere kleine Flottille dann auf den Weg zur knapp 20 Meilen entfernen Insel Jegindø – ein Stück weiter östlich im Limfjord.

Herrliches Fjordsegeln – Wind überwiegend von hinten, keine Wellen, ein sonniger Tag – das ist mehr als Entschädigung für die vergangenen nassen und unbequemen Segeltage über die Nordsee. Auf dem Weg müssen wir eine Klappbrücke passieren. Eigentlich öffnet sie alle halbe Stunde aber die ersten unserer Gruppe kreuzen vor der Brücke und werden irgendwie nicht durchgelassen. Über Funk wird philosophiert, was der Brückenwärter wohl für ein Konzept verfolgt – aber als dann alle vor der Brücke sind und die Segel geborgen haben, öffnet sie sich mit einem Mal und wir können durchschlüpfen um den Rest der Strecke zur Insel anzugehen. Auf den letzten Meilen gibt es noch ein Kopf an Kopf Rennen der beiden vorne liegenden Boote und viel spassigen Funk-Verkehr. Ich sitze in der Sonne und höre entspannt Musik während das Boot durchs Wasser rauscht…

Der Hafen von Jegindø ist eine wahre Idylle – dort klingt der Abend in netter Gesellschaft am Grill mit Leckereien, Bier und Wein bis spät in die Nacht aus. Ich geniesse die nette und interessante Gesellschaft und es gibt viele Geschichten zu hören – einer der Mitsegler ist ein ehemaliger Regatta-Segler und hat in den 70er Jahren so einiges erlebt.

Spät nachts baue ich dann noch das Cockpit-Zelt auf, da ab früh Morgens Starkwind  Dauerregen auf dem Wettermenü steht. Es kommt auch wie angekündigt und der Samstag ist daher ein Hafentag zum Entspannen – habe heute noch nicht einmal das Boot verlassen. Höre Musik, trinke Tee und arbeite ein paar offene Aufgaben ab – nebenher schaukelt das Boot gemütlich in der Hafenbox. Die Petroleumlampe und der Gaskocher müssen als Heizung dienen, denn die Temperaturen sind aktuell bei ca. 10 Grad – also ziemlich frisch hier im Norden.

Mal sehen, was der Abend bringt – der Regen soll nachlassen – und morgen wird es vielleicht schon wieder ein wenig freundlicher…

Bye bye Nordsee…

Dienstag Nachmittag – Jane ist wieder vollständig zusammengebaut und einsatzbereit, da treffe ich ein nettes deutsches Paar im Hafen. Die Essenseinladung muss ich leider ablehnen, da ich schon gegessen habe und noch E-Mails beantworten muss. Aber ich revanchiere mich mit einem kühlen Bier anschließend und das sorgt für Genuss, denn die beiden haben keinen Kühlschrank an Bord.

Am nächsten Tag verlassen wir gemeinsam den Hafen mit Ziel Hvide Sande – eine Etappe von etwas mehr als 70 Meilen. Auch wenn ich alleine an Bord bin ist es schön jemanden in der Nähe zu wissen und sporadischen Funk-Kontakt halten zu können.

Die Etappe hat es durchaus in sich – von allem etwas dabei. Zu Beginn erstmal aus den Insel-Untiefen rauskreuzen mit dem üblichen steilen Wellengang – auf dem offenen Meer wird es dann erstmal ruhiger. Entspanntes Sonnensegeln und ich werfe sogar die Musik im Cockpit an. Dennoch der Kurs verlangt stetige Aufmerksamkeit. Um mal kurz die Pinne verlassen zu können, bastele ich mir mit einem Gummistropp eine bessere Selbststeuerung als mit dem Spanngummi alleine – dieser rutscht nämlich immer durch, wenn zu viel Druck auf die Pinne kommt. Das gelingt recht gut – ich kann so entspannt meine Fischbrötchen essen, die ich tags zuvor gekauft habe und auch mal die Seetoilette besuchen.

Nach Horns Rev – einem kleinen Kap an der Grenze zum Wattenmeer – legt der Wind dann plötzlich ziemlich zu und es ziehen dunklere Wolken auf. So wird die Etappe doch noch recht nass und sportlich. Ich drehe das erste Reff ins Grossegel – auch hier hält die Selbststeuerung wieder brav ihren Kurs. Damit läuft das Boot immer noch teilweise über 7 Knoten aber deutlich ruhiger in den Böen und den hohen Wellentälern. Mal wieder eine Belastungsprobe für Boot und Mannschaft, die wir aber beide gut meistern.

Kurz nach Sonnenuntergang erreiche ich Hvide Sande – drehe noch ein Reff ins Grossegel und berge das Vorsegel um mit reduzierter Geschwindigkeit in den Hafen zu laufen. Alles gelingt perfekt und ich werde per Funk von den Mitseglern – was für ein Luxus – an meinen Liegeplatz für die Nacht dirigiert. Nach einem Anlegebier und ein paar Aufräumarbeiten geht es nach über 13 Stunden Segeln auch sofort ans Schlafen.

Nächster Morgen ist der Aufbruch um 10 Uhr geplant. Da ich bis 9 Uhr schlafe, kommt etwas Hektik auf – schnell Proviant vorbereitet für den Tag, ich kann ja alleine nicht unter Deck viel machen, deshalb habe ich immer eine Frischhaltebox mit belegten Broten und Käse, etc. die bereitliegt. Und schon geht es los zur nächsten Etappe in den „heiligen“ Limfjord – so nennen ihn die Büsumer Segler, da es in ihrem Verein eine Herausforderung ist, die nicht jeder bisher meistern konnte.

Und die hat es durchaus in sich – die Wellen sind noch vom starken Wind der Nacht geprägt – mal wieder ein wilder Ritt. Nass, schaukelnd und böiger Wind. Doch die rauschende Fahrt und das schäumende Boot entschädigen für alles. Mittlerweile bekomme ich ein sehr gutes Gefühl dafür, wie die Wellen am besten anzusteuern sind und habe so viel Vertrauen in mein Boot, dass auch die brechenden Wellen mich nicht mehr verunsichern – es wird zwar nass, aber Gefahr droht keine. Ich muss nur ziemlich hart an der Pinne arbeiten, um zu verhindern, dass das Boot aus dem Ruder läuft.

So ziehen wir unsere Bahnen – immer dicht unter Land entlang bis zur Einfahrt des Hafens von Thyborøn – auch einer dieser magischen Ortsnamen, die ich schon von Beginn der Reise an im Kopf hatte. Das Ziel des Abends ändert sich aber nochmal – die Funkgemeinschaft hat beschlossen wegen des schlechten Rufs von Thyborøn und dem selbst gegen den Wind zu vernehmenden Gestanks noch eine Etappe weiter bis nach Lemvig zu segeln. Dort soll es einen sehr idyllischen Stadthafen geben – das will ich mir nicht entgegen lassen. Doch der Wind ist nicht mit mir – frustriert das Fahrwasser nicht halten zu können, berge ich die Segel und motore die letzten 2 Stunden in das kleine Paradies.

Die Ankunft entschädigt für alles und wir sitzen noch einige Augenblicke mit Bier und netten Gesprächen zusammen um den Abend ausklingen zu lassen.

Fazit – nach über 600 Meilen über die offene Nordsee – davon alleine 120 in den letzten beiden Tagen – habe ich genug vom Schaukeln über die Wellen. Boot und Crew haben ausreichend bewiesen, dass sie seegängig sind. Jetzt steht ein paar Tage entspanntes Fjord-Segeln und danach die Ostsee Richtung Kiel auf dem Programm – das habe ich mir finde ich mehr als verdient 🙂

Jane auf dem Weg der Besserung…

Pünktlich als der Fischer heute morgen neben mir angelegt hat, bin ich aus der Koje gefallen – das Schraubenwasser hat mein gut mit 4 Leinen gesichertes Boot ganz schön tanzen lassen. Dann also gleich ab unter die Dusche und anschließend bei der Werft vorbei – ein netter Metallbauer war schon am Arbeiten und ich habe ihm kurz mein Anliegen geschildert. Kein Problem – er muss noch einen dringenden Job für einen Fischer erledigen, dann hat er gegen Mittag Zeit für mich.

Nach einem ausgiebigen Frühstück und ein paar E-Mails klopft es dann auch gegen kurz nach 12 an meinem Boot und es geht los. Mit dem Gabelstapler auf Salinghöhe und erstmal alles abschrauben. Der Schaden erweist sich wie vermutet als relativ gut behebbar – die Beschläge am Mast sind alle in Ordnung nur die Saling ist an der Verschraubung herausgebrochen. Das liegt vermutlich unter anderem auch daran, dass das Holz an den Schraublöchern bereits sehr morsch war wie man an den Bruchstellen sehen konnte.

Nun ab in die Werkstatt und da blüht der nette und kompetente Metallbauer so richtig auf – aus einem Stück Plankenholz für die Hafenstege sägt er mir ein exakt passendes Stück zurecht mit passender Schräge und die Bruchstelle an der Saling sägt er exakt auf den selben Winkel. Er ist richtig stolz darauf mit seinen Metallwerkzeugen und ohne „Holz-Kompetenz“ so ein super Ergebnis abzuliefern und ich kann ihm nur zustimmen… Dann noch ein paar Borlöcher und schon kann ich mit meiner Expoidharz-Chemie anrücken und alles zusammenkleben. Nun liegt das gute Stück bis morgen zum Aushärten und dann montieren wir beim nächsten Niedrigwasser alles wieder am Mast. Schön, dass sich meine Voraussicht bewährt hat, die nötigsten Reparatur-Untensilien mit an Bord zu haben.

Bei der netten Dame im Büro werde ich dann erstmal von ihrem grossen Hund begrüsst und dieser bekommt ein paar Minuten Streicheleinheiten. Dann erledigen wir den Papierkram und sie gibt dann auch noch grünes Signal für Strom am Steg. Mit Hilfe der Werkstatt-Kompetenz bekommen wir dann auch das Adapter-Puzzle gelöst und ich kann meine Akkus wieder alle laden

Nun heisst es entspannter Nachmittag und auf den morgigen Tag warten – heute sogar mit ein wenig Sonnenschein…Die Weiterreise wird dann wohl erst am Mittwoch erfolgen, denn für morgen ist wieder mal Starkwind angesagt und da möchte ich nicht gleich alles Material wieder auf die Probe stellen…